Radiolegende Peter Urban zu Besuch bei Gerd Hausotto im Fernsehstudio
Am 17. Oktober 2023 konnte Gerd Hausotto beim Offenen Kanal Kiel einen besonderen Gast auf das gelbe Sofa bitten: den Radiomoderator und ehemaligen ESC-Kommentator Peter Urban.
Schon vor dem Interview erzählt Hausotto, was dieses Aufeinandertreffen für ihn bedeutet. Er habe Peter Urban seit Langem interviewen wollen. Dann erfuhr er, dass dieser am 17. Oktober für eine Lesung in Kiel sei. Der 17. Oktober ist Hausottos Geburtstag. Ihn ließ das aber unbeeindruckt: „Dann habe ich alles umgeschmissen, weil er mir so wichtig ist.“ Der Geburtstag wird eben nach der Aufzeichnung gefeiert.
Voll besetzte Stühle im Studio
Für die 437. Folge von „Lass mal schnacken“ sind außerordentlich viele Zuschauer im Studio. Sogar ein Promi befindet sich in den Zuschauerreihen: die Schauspielerin Sabine Kaack. „Ich wollte Peter Urban unbedingt kennenlernen“, erzählt sie enthusiastisch. Alle sind gespannt auf den Mann, dessen Stimme deutschlandweit bekannt ist.
Als der lang ersehnte Gast mit Verspätung eintrifft, ruft er ganz erstaunt: „Mit Publikum!“ Dennoch fühlt sich der bescheidene Moderator pudelwohl im Studio. Bereits vor dem eigentlichen Interview unterhält er sich gemütlich mit Hausotto auf dem gelben Sofa. Die beiden sind per Du.
Das Interview beginnt, wie bei Gerd Hausotto üblich, mit einer Frage nach der Kindheit. Der Musikexperte Urban stammt aus einem Lehrerhaushalt. Sein Vater war anfangs Schulleiter der Katholischen Volksschule und Peter Urban dessen Grundschüler. „Da musste man schon braver sein, als man eigentlich wollte“, erzählt er schmunzelnd. Anschließend der Besuch des Gymnasiums und der Beginn eines ungewöhnlichen Lebensweges. Eine Klassenfahrt nach London war das entscheidende Ereignis. Er begann, sich für die damals „neue Musik“ von der britischen Insel zu interessieren: die Musik der Beatles und Rolling Stones.
Im Studium „war der Teufel los“
Nach dem Abitur war ihm längst klar, wo er studieren wollte: in Hamburg, der Stadt, in der die Beatles ihre ersten Auftritte hatten. Seine Eltern bevorzugten jedoch das konservative Münster. Der Kompromiss war, dass Urban in ein katholisches Studentenheim in Hamburg zieht. Überraschenderweise merkte Urban bald: „Das war ’ne gute Sache, weil da der Teufel los war.“
Ein Leben für die Musik
In diesem lockeren Ton geht das Gespräch weiter. Man merkt den beiden die Routine an. Hausotto, der gestandene Interviewer, und Peter Urban, der seit 50 Jahren beim NDR ist. Es ist ein gemütlicher Klönschnack, der aber nie langweilig oder vorhersehbar wird.
Urbans Begeisterung für die Musik hat in all den Jahren nicht nachgelassen. Stolz zeigt er Autogramme von John Lennon und Paul McCartney. Die Fotos in seiner Autobiografie mit Keith Richards, Joni Mitchell und anderen Weltstars hält er strahlend in die Kamera. Man meint, noch immer den begeisterten Teenager vor sich zu haben. Diese Begeisterung ist mit reichlich Fachwissen unterfüttert. Urban hat eine Doktorarbeit über die Texte anglo-amerikanischer Rockmusik geschrieben und ist selbst passionierter Musiker.
Ende der langen ESC-Ära
Wenn man schon die Gelegenheit hat, mit Peter Urban zu schnacken, dann muss auch die Rede auf den ,Eurovision Song Contest‘ kommen. 25 Jahre hintereinander hat er diesen internationalen Musikwettbewerb für die deutschen Zuschauer kommentiert. „Mister ESC“, wie Hausotto ihn nennt, gibt gerne Auskunft. „Ich finde, der ESC hat sich toll gewandelt“, meint Urban. Er sei in den letzten Jahren vielfältiger und interessanter geworden. „Du musst immer was Besonderes anbieten“, weiß der Experte.
Das würden die deutschen Musiker leider selten schaffen. Wenn die Leute klagen, dass deutsche Sängerinnen und Sänger von der internationalen Jury benachteiligt würden, denke er: „Was für ein Quatsch, was für ein Selbstmitleid!“ Deutschland könne durchaus gewinnen oder gut abschneiden: siehe Lena, Stefan Raab oder Michael Schulte. „Aber du musst halt gut abliefern.“ Ein guter ESC-Song „geht ins Herz, durch den Bauch, durch die Beine“.
Im Mai kommenden Jahres wird jemand anderes als Peter Urban den ESC kommentieren. Ein paar Wermutstropfen bleiben da nicht aus: „Ehrlich gesagt, wenn ich dann vorm Fernseher sitze, ich weiß nicht, wie es mir dann geht.“ Trotzdem sei es die richtige Entscheidung gewesen, sich zu verabschieden. „Bevor die Leute sagen: ‚Wann hört der alte Sack endlich mal auf?‘“, habe er lieber selbst den Schlussstrich gezogen.
Podcast und Buchlesungen
Als unverwechselbare Stimme für die Popmusik bleibt er den Hörern aber erhalten. Aktuell betreibt er den erfolgreichen Podcast ,Urban Pop – Musiktalk mit Peter Urban‘. In den letzten eineinhalb Jahren hat er ein Buch über sein Leben geschrieben. „On Air. Erinnerungen an mein Leben mit der Musik“ ist der Titel. Mit diesem Buch ist er aktuell auf Lesereise.
Auf die Frage nach Hobbys antwortet er: „Mein Hobby, Gerd, ist Fußball gucken.“ Kein gutes Spiel verpasse er. Früher habe er auch selbst gekickt: in der NDR-Prominenten-Mannschaft mit Größen wie Uwe Seeler und Horst Hrubesch.
Sendung in der Mediathek
Es gäbe noch viele Anekdoten aus dem Leben Peter Urbans nachzuerzählen, aber am besten schauen Sie sich das Interview einfach selbst an. In der Mediathek des Offenen Kanals Kiel, auf YouTube oder auf der Internetseite www.lassmalschnacken.de können Sie das Gespräch in voller Länge sehen.
Die Zuschauer im Studio sind begeistert. Kamerafrau Heike Fleischhauer strahlt: „Er war so selbstverständlich und autark in seiner Art, das fand ich toll.“ Danach kann Gerd Hausotto mit Freunden entspannt den Geburtstag feiern. Beim Festessen ist auch Peter Urban mit von der Partie. JA