Schon kleine Einflüsse bringen den Verkehr im Kieler Süden komplett zum Erliegen
Als Anfang Juli eine Baustelle auf dem Theodor-Heuss-Ring eröffnet wurde, schien es, als ginge das Abendland unter.
Dabei sind von der aktuellen Maßnahme gerade einmal zwei der vier Fahrspuren betroffen, die einfach nur neu asphaltiert werden müssen. Die monatelang zuvor angekündigten Bauarbeiten erwischten dennoch viele Autofahrer kalt, und auch Tage später gibt es keinesfalls zu vermelden: Die Autofahrer haben sich an die Situation angepasst und sind in großem Stil auf Fahrrad und Öffentliche Verkehrsmittel umgestiegen. Nichts dergleichen. Es hat den Anschein, als würden dieselben Leute jeden Tag von demselben Stau überrascht werden.
Leider ist der Umstieg auf den Bus auch nicht die Lösung. Denn die Busse teilen sich den Straßenraum mit dem Autostau. Busse aus den südlichen Stadtteilen fahren in den Hauptverkehrszeiten oft über eine Stunde Verspätung ein.
Hinzu kommt die Unart vieler Autofahrer, in bereits blockierte Kreuzungsbereiche einzufahren und damit auch den Querverkehr komplett zum Erliegen zu bringen, wie an der Alten Lübecker Chaussee überall zu beobachten. Auch verzweifeltes Hupkonzert macht die Sache nicht besser, sondern erhöht allenfalls den Stress-Level.
Die immer weiter zunehmende Breite der Fahrzeuge macht es zudem Einsatzfahrzeugen immer schwieriger durchzukommen. Mutmaßlich könnten ein paar Ordnungshüter an den Hotspot-Kreuzungen durch konsequentes Einschreiten schon für eine erkleckliche Sanierung des städtischen Haushalts sorgen.
Tatsächlich geht es vom Theodor-Heuss-Ring bis in die Innenstadt erprobtermaßen zu Stauzeiten zu Fuß schneller als mit Auto oder Bus. (Platz eins auf dem Treppchen gebührt allerdings den Radlern – schneller geht’s nicht.) Nur mal ein Gedankenspiel: Würden alle Autofahrer aus ihren überdimensionalen Blechbehältern aussteigen, wären sie ein überschaubares Grüppchen, das zudem noch schneller zu Fuß am Ziel wäre. Wer Rad fährt oder zu Fuß geht, ist nämlich nahezu gar nicht betroffen, außer vom Zusatzgestank der vor sich hin miefenden Blech-Karawane.
Wenn eine einzige Sanierungsmaßnahme ein derartiges, nachhaltiges und wochenlanges Verkehrsdesaster verursacht, dann gibt das schon zu denken! Offensichtlich reicht es nicht für ein Reflektieren der eigenen Verkehrsmittelwahl. Und weiter: Diejenigen, die vorbildlich auf den Bus umsteigen, haben auch nichts davon. Wenn die von vielen herbeigesehnte Stadtbahn kommt, macht sie einen Bogen um den Kieler Süden. Es ist nicht bekannt, wie Hamburger Chaussee und Alte Lübecker Chaussee stattdessen für den ÖPNV ertüchtigt werden sollen. Ohne eigene Busspuren wird es keinen Grund zum Umsteigen geben.
Aber ob die wirklich kommen, davor steht ein riesiges Fragezeichen. Zu schmal sind die entscheidenden Straßenabschnitte. Die Stadtbahn wird dem Kieler Süden demnach genau nichts bringen, sondern unbeeindruckt die Staus an den sensibelsten Stellen Kiels weiter bestehen lassen. Das dämpft die Vorfreude. Freilich wird die Stadtbahn auch von den Steuerzahlern im Kieler
Süden finanziert. JM