Die Grippewelle hat den Ortsbeirat Hassee/ Vieburg nicht verschont. Bei der 307. Sitzung am 20. März sind nur sechs der neun Mitglieder anwesend. Auch die Besucherplätze im Saal der Stiftung Drachensee sind nur spärlich besetzt.
Die Sitzung hat ein diskussionsträchtiges Thema parat, das auf den ersten Blick gar nicht so erscheint. Es geht um die Umbenennung der Bushaltestelle Strucksdiek in „Gedenkort am Russee“. Was für ein Gedenkort, mögen manche Leser fragen, denen nicht bewusst ist, dass sich hier „ein historischer Ort mit einer sehr spezifischen Geschichte befindet, die in Kiel einmalig ist“, so Gerrit Schirmer. „Es ist der Ort in Kiel, wo massenhaft nationalsozialistische Verbrechen ausgeführt wurden.“
An der Rendsburger Landstraße befand sich das sogenannte Arbeitserziehungslager (AEL) Nordmark, von dem heute nur noch Fundamentreste zu sehen sind. AEL klingt harmlos, doch die Haftbedingungen sollen ähnlich brutal wie in einem KZ gewesen sein, nur dass es nicht von der SS, sondern von der Gestapo geführt wurde. Am Russee waren 4.000 bis 5.000 Zwangsarbeiter inhaftiert, von denen in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs mindesten 578 ums Leben gekommen sind.
Der Beauftragte für Erinnerungskultur beim Stadtarchiv möchte ein Zeichen setzen, was vom Ortsbeirat Hassee ausdrücklich begrüßt wird. Nur an der konkreten Formulierung scheiden sich die Geister. Der Begriff „Gedenkort am Russee“ erscheint den Anwesenden zu vage. „Arbeitserziehungslager Nordmark“ fällt weg, da es zur Tarnsprache des nationalsozialistischen Sprachgebrauchs gehört und zudem zu Verwechslungen mit dem Nordmarksportfeld führen könnte.
Nordmark sei übrigens kein Flurname, sondern ein Kampfbegriff der Nazis, der noch heute von Rechtsextremen genutzt werde, erklärt Schirmer. Er plädiert im Sinne der Anwohner dafür, keine Gewalt im Namen zu führen. „Grundsätzlich sind wir mit einer Umbenennung einverstanden, erwarten aber andere Namensvorschläge von der Verwaltung“, bringt es der Vorsitzende Oliver Voigt auf den Punkt.
Junger Rat stellt sich vor
Nachdem der Ortsbeirat im Vormonat in Kooperation mit dem Jungen Rat Kiel eine Sondersitzung im Jugendzentrum Hassee abgehalten hat, stellt diesmal die Teilnehmerin Amal Allouch das Sprachrohr für Kinder und Jugendliche vor. „Viele wissen gar nicht, dass es uns gibt“, sagt sie. „Wir versuchen über soziale Netzwerke wie Facebook und Instagram, auf uns aufmerksam zu machen.“ Die Sitzungen finden grundsätzlich am dritten Mittwoch im Monat im Rathaus statt. Jugendliche Besucher sind willkommen. Ortsbeiratsmitglied Philip Schüller schlägt vor, Jugendratssitzungen auch in Schulen durchzuführen.
Verkehrssituation Fröbelstraße
In einer der vorherigen Sitzungen wurde die unübersichtliche Verkehrssituation an der Ecke Pestalozzistraße/ Fröbelstraße bemängelt. Viele bergabfahrende Verkehrsteilnehmer missachteten die Rechts-vor-links-Regelung. Da es bisher keine Rückmeldung von der Stadt gibt, konkretisiert der Ortsbeirat seine Fragen. Wie kann man die Sicht auf die Fröbelstraße verbessern? Ist ein Hinweisschild oder Parkverbot möglich? Genügt es schon, wenn die hohen Hecken an der Ecke gestutzt werden?
Blumenkästen zu vergeben
Zur Verschönerung des Straßenbilds vergibt die Stadt Kiel für den Stadtteil zehn Blumenkästen. Sie haben eine Größe von 120 x 120 cm
und sollen vor Ort das ganze Jahr über gepflegt werden. Wer Interesse hat, sende eine E-Mail an obr12@ortsbeirat-kiel.de.
(Text & Foto: Frahm)