Was sagt Ihnen der Kieler Matrosenaufstand? Im nächsten Jahr begeht Kiel sein 100-jähriges Jubiläum. Um dieses wichtige Kapitel der Kieler Geschichte zu beleuchten und lebendig werden zu lassen, produzieren Kay Gerdes und Klaus Kuhl einen Dokumentarfilm, der pünktlich zum Jahrestag Premiere feiern soll.
Es ist der 2. November 1918. Auf dem früheren großen Exerzierplatz am Vieburger Gehölz kommen kriegsmüde Matrosen und Arbeiter zusammen, nachdem ihnen die Versammlung im Gewerkschaftshaus polizeilich verboten worden war. Am Folgetag finden sie sich wieder dort ein. An diesem Sonntag startet mitten in Hassee der legendäre Marsch von über 5.000 Menschen – Soldaten, Arbeiter, Matrosen und ihre Frauen – über die Waldwiese Richtung Feldstraße, wo gefangene Kollegen befreit werden sollen.
In der Brunswik versucht eine Patrouille den Zug aufzuhalten und eröffnet das Feuer. Tote und Verletzte sind die Folge und eine Massenbewegung entsteht. Von Kiel aus breitet sich die Revolution aus. Am 9. November wird in Berlin die Republik ausgerufen, das Kaiserreich wird Geschichte und der 1. Weltkrieg geht zu Ende.
Was zu diesen Ereignissen führte und welche große Rolle die Kieler Bevölkerung während der Novemberrevolution 1918 spielte, war und ist bis heute den wenigsten bewusst. Zum 100-jährigen Jubiläum im kommenden Jahr soll damit Schluss sein. Die Vorbereitungen für die Kieler Gedenkfeier sind schon seit Monaten in Gange.
Kay Gerdes, Dokumentarfilmer, und Klaus Kuhl, Historiker und „Revolutionsexperte“, stecken ebenfalls mitten in der Produktion ihres Dokumentarfilmes zum Thema. Es ist nicht die erste Zusammenarbeit, berichten die beiden, schon 1988 beschäftigten sie sich mit den Ereignissen des Jahres 1918. Auch damals sollte ein Dokumentarfilm über den Matrosenaufstand in Kiel entstehen. „Ich war mit den Ergebnissen bis heute nie zufrieden. Seit dem ersten Vorläufer habe ich in mehreren Anläufen versucht, mich dem Thema wieder zu nähern. Kay und ich hatten uns aber aus den Augen verloren”, erzählt Kuhl.
Vor ungefähr zwei Jahren habe er dann wieder Kontakt zu Gerdes aufgenommen. Seitdem laufen die Vorbereitungen. In Kooperation mit der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte und mit finanzieller Unterstützung der schleswig-holsteinischen Filmförderung und der Stadt Kiel wollen sich Gerdes und Kuhl vor allem auf Archivmaterial stützen, um sich den Ereignissen authentisch anzunähern.
Die eigenen Anfänge aus dem Jahr 1988 sind Gerdes und Kuhl eine große Hilfe. Damals lebten noch viele Zeitzeugen, mit denen sie Interviews führten, auf die sie heute zurückgreifen können. „Beinahe alle Zeitzeugen sind mittlerweile verstorben. Unsere Gesprächsaufnahmen von früher sind also sehr wertvoll“, erklärt Gerdes. „WDR und NDR stehen uns mit ihren Archiven zur Seite.“
Der fertige Dokumentarfilm wird hauptsächlich aus Interviews und Originalmaterialien produziert. Unter anderem können die Zwei auch auf Tonaufnahmen aus einem Gespräch mit Lothar Popp aus dem Jahr 1978 zurückgreifen. Klaus Kuhl hatte damals Kontakt zu dem 1980 verstorbenen Führer des Matrosenaufstands aufgenommen und ihn für ein zweistündiges Interview besucht.
Die 40-jährige Arbeit an der Revolution hat ihre Spuren hinterlassen. „Die Schwierigkeit im Film ist ja, in der Verkürzung auch dem Laien plastisch werden zu lassen, was eigentlich geschieht – und trotzdem einen Spannungsbogen zu halten“, führt Kay Gerdes aus. Dem nähern sich die beiden mit einer Vielzahl von Textfassungen an, unterstützt durch Probevorführungen im Kreis der Familien und Freunde.
„Wenn Sie etwas aus dem Jahr 1918 zu erzählen haben oder über Bilder verfügen, sprechen Sie uns an!“, ruft Klaus Kuhl zur Mitarbeit auf. Kontakt ist erwünscht unter der Adresse klaus.kuhl@kurkuhl.de
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