Ein Abend im Sommer. Es ist 21 Uhr, die Abenddämmerung setzt ein. Der Herausgeber von KIEL LOKAL trifft sich in der Demühlener Straße mit dem Künstler ch9x alias Christian Lux. Gemeinsam gehen wir über einen Schleichweg zu den verfallenen Gebäuden der ehemaligen Müllverbrennungsanlage.
Während es draußen immer dunkler wird, bereitet Christian Lux drinnen alles fürs Fotoshooting vor. Die Digitalkamera – eine Canon EOS 5D Mark IV – wird auf ein Dreibeinstativ montiert. Daneben ein weiteres Stativ samt Laptop, auf dem alle Fotos sofort groß abgebildet werden. Etwas entfernt türmen sich mehrere Boxen voller Utensilien auf – das Handwerkszeug für diese Kunst. „Lightpainting kann jeder machen“, sagt der Künstler. „Im Grunde brauchst du nur eine Taschenlampe und etwas, das leuchtet.“
Kreise mit der Taschenlampe
Um das zu demonstrieren, steckt er eine Taschenlampe in bunte Plastikrohre, positioniert sich ein paar Meter vor der Kamera und zieht mit ausgestrecktem Arm weite Kreise. Seine Ehefrau Daggi unterstützt ihn dabei, indem sie kreative Ideen liefert, die Kamera bedient, die Ergebnisse auf dem Display kritisch betrachtet und Verbesserungen vorschlägt. Man darf nicht vergessen, dass zwischen Kamera und dem Ort der Lightpainting-Aktion einige Meter Entfernung sind. „Das ist unser gemeinsames Hobby geworden“, bestätigt Daggi.
Zwei- bis dreimal im Monat sind die beiden Kieler unterwegs, meist am Wochenende. Dabei steuern sie besondere Orte an: Denkmäler, Strände oder sogenannte Lost Places, also verfallene Häuser oder Gewerbehallen, wie eben hier an der Stadtteilgrenze zwischen Hassee und Russee. Die ehemalige Müllverbrennungsanlage von „Schiet Neelsen“ steht schon seit Jahrzehnten leer. Zweimal wurde das inzwischen zugewachsene Gelände eingezäunt, doch die Zäune sind längst niedergetrampelt oder umgestürzt. Heerscharen von Jugendlichen haben sich bereits hier getroffen. Tausende leere Bier- und Spraydosen zeugen davon. Die Wände sind übersät von Graffiti-Kunstwerken.
Bei unserem Eintreffen riecht es nach frischer Farbe, doch an diesem Abend treffen wir niemanden an. Dafür sind Soentje und Peter für das heutige Lightpainting-Paar-Shooting dabei. Beide stellen sich auf eine riesige Röhre und gehen in Pose. Direkt hinter ihnen zeichnet Christian Lux unterschiedliche Lichtbilder. Das macht er mit einer Präzision, die er durch jahrelange Erfahrung erlangt hat. Lightpainting ist seit sechs Jahren sein Hobby. „Es wäre schön, wenn es ein zweites Standbein werden könnte“, erzählt er.
Von Zeit zu Zeit bietet er Lightpainting-Workshops an, um sein Wissen an andere Fotografen weiterzugeben. So rät er zu folgenden Einstellungen: ISO 100, Blende 7–11,
manueller Fokus, Bildstabilisierung aus, Bulb Modus. Und welche Belichtungszeiten? „Solange es dauert“, sagt er. „Das kann durchaus zwischen zwei Sekunden und drei Minuten liegen.“
Meist verwendet er das Objektiv mit 24–70 mm. „Manchmal nutze ich auch elf mm, weil ich näher ran möchte“, so Lux. Etwa, wenn er mit brennender Stahlwolle hantiert. „Da fliegen die Funken so weit. Da brauche ich die Weite, damit alles aufs Bild kommt.“ Auch an diesem Abend hantiert er mit brennender Stahlwolle, um tolle Effekte aufs Bild zu bringen. Seine „Steelwoolfun an der Ostsee“-Events finden zweimal im Jahr am Falckensteiner Strand statt und haben einen gewissen Kultstatus erreicht. Da kommen in der Dunkelheit schon mal 150 Schaulustige zusammen.
Was sagen Passanten, die zufällig vorbeikommen? „Viele Leute fragen uns, was wir machen? Das gab so nette und unerwartete Rückmeldungen.“
Über die Jahre hat Christian Lux eine Fotodatenbank von 100.000 Bildern angesammelt. Ausgewählte Fotos hat er zusammen mit der Sparkassenstiftung Schleswig-Holstein ausgestellt, auf der Kieler Kunstmeile, in Kieler Restaurants oder bei „Kunst an der Ecke“ bei den Kieler Nachrichten. Seit 2019 doziert er bei den Interdisziplinären Wochen der Fachhochschule Kiel am Campus Dietrichsdorf.
Das gesamte Portfolio von Chris-tian Lux umfasst nicht nur Lightpainting, sondern auch Hochzeitsreportagen oder Paarshootings – mit und ohne Lightpainting (wie heute mit Soentje und Peter). Als Ostseekind gehören auch maritime Motive und Landschaftsfotos dazu. Wer sich weiter informieren möchte, kann dies in sozialen Netzwerken mit #ch9x tun, auf seiner Homepage www.ch9x.de, über die Facebook-Seite (ch9x.de) oder Instagram (christian_ch9x).
Wer also Lust auf Wandbilder oder das besondere Fotoshooting hat, ist bei ihm genau an der richtigen Adresse.
Text: Frahm; Foto: ©Christian Lux