Wie üblich im September, verwandelt sich auch dieses Jahr vom 1.–30. September der CITTI-PARK in eine Kunstgalerie. Auf der 23. Kunstmeile Kiel stellen 23 regionale Künstlerinnen und Künstler ihre Werke aus. Mit dabei ist Ava Anna Johannson aus Russee.
In ihrem Atelier in der Ringstraße gewährt die kreative Kulturschaffende einen Einblick in ihre Kunstwelt.
Kunst liegt in der Familie
Die 53-Jährige kommt aus einer kunstinteressierten Familie aus der Nähe von Bremen (Achim). „Alle anderen konnten das besser als ich“, findet Ava Anna Johannson. „Ich bin mit angezogener Handbremse groß geworden.“ Nach dem Abitur ging es nach Göttingen zum Studium der Theologie. Als ihr klar geworden ist, dass sie keine Pastorin werden wollte, wechselte sie das Studienfach. Diplom-Pädagogik sollte es sein. Ihr Interesse galt der Psychologie, Pädagogik und Soziologie. Der Umzug nach Kiel war eine Familienentscheidung.
Soziale Arbeit im Fokus
Mit 28 Jahren nahm sie ihre erste Tätigkeit in der sozialen Arbeit auf: wohnquartierbezogene Sozialarbeit. Die zweifache Mutter von mittlerweile erwachsenen Kindern begann vor 15 Jahren mit unterschiedlichen Materialien ihren Weg in die Kunstwelt: Kohle und Pastellkreiden, Ölkreiden und Wachs. „Ich habe alles Mögliche ausprobiert und irrsinnig viel gemalt“, gibt sie zu verstehen. Sie war in einer Phase, in der sie nach neuen Ausdrucksmitteln suchte. Immer im Hinterkopf den Satz: „Ich kann nicht malen.“ Ihr Vater war Architekt und selbst Aquarellmaler. Damals hatte sie nicht den Mut und auch keine Motivation, sich innerhalb der Familie künstlerisch zu entfalten.
Freundin gab den Impuls
Der Anlass, sich künstlerisch auszudrücken, war eine Krankheit. Und wie es im Leben häufig der Fall ist, gab es einen Impuls von außen. „Mal doch mal von dem du mir erzählst“, riet ihr eine gute Freundin. „Ölkreide passt zu mir“, dachte sie. Durch ihre Kinder hatte sie genügend kreatives Werkzeug in den eigenen vier Wänden: in den Kinderzimmern.
Hunderte von Bildern
Ein ganzes Jahr ließ sie ihrer Kreativität freien Lauf und malte unzählige Bilder. „Ich weiß gar nicht wie viele Hunderte von Bildern ich gemalt habe“, gibt sie selbst erstaunt zu verstehen. Sie benutzte alle Materialien, die ihr in die Finger kamen: Papier, Karton, Pappen und Leinwände. So entstand für sie ein Medium, mit dem sie sich selbst ausdrücken konnte. „Das hat irrsinnig viel Spaß gemacht“, erzählt sie freudig. Durch das Zutrauen wurden die Bilder immer größer. Die Bewegungen wurden freier. Von 2015 bis 2018 bildete sie sich in Wochenendseminaren weiter und wurde Kunsttherapeutin. Sie macht Gruppenangebote in Bezug auf den individuellen Genesungsweg und Kreativgruppen.
Die Freude am Tun
Die Kunst ist für Ava Anna Johannson eine Ausdrucksmöglichkeit, um „etwas Sinnliches zu kreieren.“ Ein ausdrucksstarkes Bild entsteht, wenn man losgelassen von alledem ist. Und es „muss nichts Gutes dabei rauskommen“. Der Prozess dabei sei wichtig. „Wenn ich male, dann bin ich in meinem Flow“, sagt sie überzeugend. „Mal klappt es, mal eben nicht“, meint sie entspannt.
Über Kunst zu mehr Selbstbewusstsein
Bilder geben etwas über Menschen Preis. „Wenn ich mich und andere Menschen damit berühre, schaffen wir eine Verbindung zueinander“, ist sie sich ihrer Schaffenskraft bewusst. Man sollte keine Angst davor haben, etwas Neues auszuprobieren. „Traue dich. Denn letztendlich kannst du nur gewinnen. Und wenn es eine Erfahrung ist“, sagt sie überzeugt.
Bilder mit geheimen und versteckten Botschaften
Ava Anna Johannson macht gerne Collagen, meistens abstrakte. Und manchmal eben auch einfach nur ein Monster. „Hauptsache Spaß“, wie sie strahlend erzählt. Sie möchte anderen Menschen Mut machen und sie „sollen sich trauen“.
Einige ihrer Werke sind auf der Kunstmeile in den Räumen der Bäckerei Steiskal zu sehen, weitere Motive auf der Gemeinschaftsausstellung vom 1.–17. September. Wer genau hinschaut, erkennt vielleicht die eine oder andere geheime Botschaft. MP