Kiel gehört zu den 15 Städten mit den höchsten NO2-Grenzwertüberschreitungen im Jahr 2017. Die Verunsichrung vor allem der Diesel-Fahrer hat jetzt ein behördliches Schreiben weiter erhöht.
Denn das Kraftfahrt-Bundesamt hat im November insgesamt 1,5 Millionen Besitzer von Diesel-Fahrzeugen älterer Abgas-Normen angeschrieben und zur „Flottenerneuerung“ durch „Umtauschaktionen“ geraten. Neben der Inhaftnahme der Halter für die Luftverbesserung in den Städten klang recht unverhohlen die Drohung durch, ansonsten „Einschränkungen für Ihr Mobilitätsverhalten befürchten“ zu müssen.
Für dieses Mailing ist die Behörde zurecht kritisiert worden. Die Verbraucherzentralen, politische Parteien wie die Tagespresse und der ADAC haben die nötige Distanz zur Industrie vermisst, internationale Hersteller Irritation darüber geäußert, dass Hotlines und Webseiten deutscher Hersteller – und ausschließlich diese – direkt im Schreiben genannt sind.
Blinder Fleck der Messungen
Luftmess-Stationen wie oben im Bild am Theodor-Heuss-Ring sind wichtig, keine Frage. Städte brauchen Daten zur Luftbelastung, Anwohner wollen wissen, wie es im Umfeld um die Schadstoffbelastung bestellt ist. Doch zeigen sich mit der voranschreitenden Dskussion um Grenzwerte, Messpunkte und Fahrverbote zwei Probleme.
Zum einen geht mit der Debatte um gesundheitsschädliche Höchstwerte an bestimmten Standorten eine Verzerrung einher: Sprechen wir permanent darüber, wie schlimm es am Theodor-Heuss-Ring ist, suggeriert das unterschwellig, dass es anderswo nicht so schlimm ist – und sei es, weil dort nicht gemessen wird.
Zum anderen sind die Messungen an sich alles andere als unumstritten. Die Hamburger ZEIT hat kürzlich mit sogenannten „Passivsammlern“ in eigenen Messungen zwar die amtlichen Werte gestützt, mit geringem Aufwand aber auch gezeigt, dass die Werte auch an vielen anderen Stellen überhöht sind. Zugleich mehren sich Stimmen, die die gegenwärtige Fokussierung auf NO2-Werte aus gesundheitlicher Sicht für verfehlt halten.
Maßnahmen-Bündel
Was tun? „Alte Stinker“ müssen nicht sofort stillgelegt werden, müssen aber deutlich seltener als bisher durch die Städte fahren. Dabei hilft eine Kombination aus verbessertem Öffentlichen Personennahverkehr, mehr Fuß- und Radmobilität sowie Einschränkung bzw. Verteuerung von Parkflächen besser als Fahrverbote. Denn der Vorrang für den Pkw-Verkehr ist in vielerlei Hinsicht destruktiv und deshalb nicht zukunftsfähig.
Text: Sellhoff; Foto:©Frahm