In der Begegnungsstätte der Michaeliskirchengemeinde finden jeden dritten Mittwoch im Monat Vorträge statt. So auch in diesem Monat mit historischem Anlass: In diesem Jahr liegt der Vertrag von Versailles einhundert Jahre zurück.
Vier schreckliche Jahre hatte der Erste Weltkrieg gedauert, in Wilhelmshaven und Kiel trugen im November 1918 die Matrosenaufstände zu seinem Ende bei, mündeten in die Novemberrevolution und stürzten die Kaisermonarchie im Deutschen Reich. Hatten auch die Kampfhandlungen der „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ (so nannte der amerikanische Diplomat und Historiker George F. Kennan den Ersten Weltkrieg) bereits mit dem Waffenstillstand von Compiègne geendet, so bedeutete erst der Friedensvertrag von Versailles das tatsächliche völkerrechtliche Ende des Weltkrieges.
Die vier Siegermächte Frankreich, Großbritannien, Italien und die Vereinigten Staaten von Amerika hatten ohne Teilnahme der deutschen Delegation die Bedingungen aufgestellt, die vielen Deutschen als unzumutbar hart erschienen. Erst nach ultimativer Aufforderung sah sich die deutsche Reichsregierung am 28. Juni 1919 gezwungen, das sogenannte „Friedensdiktat von Versailles“ zu unterzeichnen. Mit den dadurch besiegelten Gebietsabtretungen und Reparationszahlungen sehen heute viele Historiker die Saat für den Zweiten Weltkrieg gelegt. Damals glaubten ganz gegenteilig die Sieger, mit dem Vertrag die Grundlagen für ein friedliches Zusammenleben der ehemaligen Kriegsgegner gelegt zu haben. Immerhin ist die Entstehung des Völkerbunds eine seiner unmittelbarsten Folgen.
Der Vortrag von Stud. Dir i. R. Jan Seifert bezieht das große Ganze der Weltgeschichte zurück auf das Lokale: Er soll einen Überblick darüber geben, was die Bestimmungen des Versailler Vertrages für die Stadt der kaiserlichen Kriegsmarine konkret bedeuteten, denn ein „Weiter so!“ konnte es in der Nachkriegszeit für die Stadt und die Kieler nicht geben. Aber wie sollte sich die Stadt entwickeln? Wie sollte, wie konnte das Wohlergehen der Kieler gesichert werden? Gelang das überhaupt? Die Antworten auf diese Fragen dürften für viele von uns Nachgeborenen überraschend sein. Der Vortrag im Clubraum der Begegnungsstätte Michaelis, Wulfsbrook 29 in Hassee, findet am Mittwoch, dem 18. September, um 10 Uhr statt. Der Eintritt ist frei.
Text: Sellhoff; Foto: Stadtarchiv Kiel