Frischer Wein von der Kieler Förde

Im Molfseer Freilichtmuseum wurde dem Weinanbau in Schleswig-Holstein Tribut gezollt

Am 28. Juni wurde im Freilichtmuseum in Molfsee der lokale Weinanbau zelebriert. Insgesamt sieben Winzer aus den verschiedensten Ecken des nördlichsten Bundeslandes stellten ihre Weine bei bestem Wetter den etwa 150 Gästen zur Schau. Ein Grußwort sprach der ehemalige Ministerpräsident Peter Harry Carstensen, der als Ehrengast geladen war.

Schleswig-Holstein ist für viele Sachen bekannt, aber Weinanbau zählt sicherlich nicht dazu. „Bei Weinen aus Schleswig-Holstein setzen Menschen zwei Gesichter auf: Erst verzerren sie das Gesicht, wenn sie sehen, woher der Wein kommt, und sind dann positiv überrascht, wenn sie den Wein erstmals verkosten“, brachte es Utz Schliesky, Vorsitzender des Fördervereins, auf den Punkt.
Um aus den zwei Gesichtern nur noch eins zu machen, wurde im Freilichtmuseum Molfsee im Rahmen einer zeremoniellen Weinverkostung auf die lokalen Weingüter und Winzer aufmerksam gemacht. Seit 2009 wird in Schleswig-Holstein auf einer Fläche von ca. 30 Hektar wieder Wein angebaut. Die eigentlichen Ursprünge des Weins im hohen Norden gehen bis ins Mittelalter zurück. Zwei Faktoren machten den erneuten Weinanbau zwischen Nord- und Ostsee möglich. Zum einen die neue Züchtung von Sorten, die mit kürzeren Vegetationsperioden zurechtkommen und zudem widerstandsfähiger gegen Pilzerkrankungen sind. Zum anderen geht die Rückkehr des Weinanbaus auf die Bemühungen eines Mannes zurück: Peter Harry Carstensen. „Ohne ihn würde es den Weinanbau hier nicht geben“, machte Schliesky deutlich.

Peter Harry Carstensen und Nicolaus Graf zu Reventlow genießen ein Glas Wein, der auf Gut Eckhof in Strande angebaut wird. Fotos: Claas Bock

„Seinerzeit viel Ärger gemacht“
Während seiner Amtszeit als Minis­terpräsident Schleswig-Holsteins setzte sich Peter Harry Carstensen dafür ein, Neupflanzungsrechte für Reben ins nördlichste Bundesland zu holen. Mit Kurt Beck, Carstensens damaligem Amtskollegen aus Rheinland-Pfalz, fand sich 2009 ein Kooperationspartner. Zehn Hektar ungenutzter Pflanzrechte trat Rheinland-Pfalz an Schleswig-Holstein ab, wodurch der Weg für die lokalen Winzer geebnet wurde. Seitdem hat sich der Weinanbau stetig ausgeweitet, sodass in 2020 auf einer Fläche von 30 Hektar über 40.000 Liter Wein geerntet werden konnten.
„In den Anfängen hat der Weinanbau viel Ärger gemacht“, erzählt Carstensen mit einem Schmunzeln. Eine Anspielung auf die umstrittene Vergabe der begehrten Pflanzrechte. Damals noch für Kontroverse sorgend, schaut der 76-Jährige heutzutage mit einem lächelnden Auge auf die Zeit zurück. Bestens aufgelegt lobt Carstensen die bisherige positive Entwicklung und hofft auf einen weiteren Ausbau des Weines im hohen Norden. Nach den Empfangsreden stand Weinverkostung bei geselligem Beisammensein auf der Tagesordnung.

Eine Leidenschaft für Wein
Schon in seiner Jugend träumte Nicolaus Graf zu Reventlow davon, eines Tages seinen eigenen Wein herzustellen. Vor wenigen Jahren konnte er sich diesen Traum erfüllen. Zusammen mit seiner Frau, Caroline Gräfin zu Reventlow, betreibt er das in Strande gelegene Gut Eckhof.
„2015 stellte ich einen Antrag beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und bekam Anbaurechte für 0,97 Hektar“, erzählt Reventlow stolz. Nach der Pflanzung 2018 konnte er 2020 seinen ersten Wein lesen. Für die Vinifizierung gewann Reventlow den befreundeten Winzer Phillip Nelles an der Ahr für das eigene Projekt. „Ich bin Ackerbauer und kein ausgebildeter Winzer. Daher überlasse ich die Vinifizierung lieber den Experten“, gesteht er schmunzelnd.
Zu den angebotenen Weinen auf dem Gut Eckhof zählt der Cabaret Noir und die Cuvée aus den Sorten Solaris und Riesel. Reventlows Weißwein kam auch beim Ehrengast des Abends gut an: „Das ist ein schön frischer Wein“, so Carstensen. Für die Zukunft auf Gut Eckhof sind einige Erweiterungen und Änderungen geplant. Einerseits soll die Vinifizierung auf dem eigenen Gut stattfinden und andererseits soll ein Rotwein, der momentan noch in Eichenfässern heranreift, angeboten werden.

Ein zukunftsweisender Abend
Der Abend entpuppte sich sowohl für die Veranstalter als auch für die Winzer als voller Erfolg. Die Höchstkapazität wurde mit 150 Gäs­ten ausgereizt. „Vielen Dank, dass ihr uns die Bude eingerannt habt. Anders kann man es nicht sagen“, verkündete Utz Schliesky. „Mit all den Voranmeldungen hätten wir die Veranstaltung zweimal abhalten können“, stellte er fortführend fest. Der Abend ließ alle Beteiligten hoffnungsvoll auf den Weinanbau in den kommenden Jahren blicken.

TI

Auch das in Westensee gelegene Gut Deutsch-Nienhof stellte ihre Weine vor.