Effektive Sitzung der beiden Ortsbeiräte Hassee / Vieburg und Russee / Hammer / Demühlen
Die Bushaltestelle ‚Strucksdiek‘ spielte beim Ortsbeirat eine besondere Rolle. Da sie zur einen Hälfte im Stadtteil Hassee und zur anderen in Russee liegt und weil es weitere Tagesordnungspunkte mit gemeinsamer Zuständigkeit gab, tagten am 21. November beide Ortsbeiräte zusammen.
Wer nun auch angesichts der knapp 50 Gäste mit einer Endlosdebatte gerechnet hatte, sah sich positiv überrascht. Denn die zwölf Mitglieder beider Ortsbeiräte hatten nach nur 90 Minuten die komplette Tagesordnung durcheilt.
Vorerst keine Unterkunft für geflüchtete Menschen
Spannendstes Thema war für die meisten im Van-der-Camer-Haus das Thema Flüchtlingsunterkunft. Sozialdezernent Gerwin Stöcken nahm die Gelegenheit wahr, den aktuellen Stand zu den Räumlichkeiten des ehemaligen Landesbesoldungsamts im Speckenbeker Weg zu erörtern.
Es gab eher wenig zu sagen. Stöcken bedauerte, dass Gerüchte über diesen Standort verbreitet worden waren, lange bevor es ansatzweise Konkretes dazu zu berichten gab. Ja, die Stadt Kiel hat sich in Verhandlungen befunden, aber als Ergebnis ist zu vermelden, dass das Thema vom Tisch ist, weil es mit dem Eigentümer der Liegenschaft zu keiner Einigung kam. Auf Nachfrage nannte Stöcken keine Gründe für das Scheitern.
Stöcken erläuterte geduldig, dass derzeit etwa 1.900 Menschen aus der Ukraine in Kiel Zuflucht vor dem Krieg gefunden haben. Aber es kommen auch weiterhin Menschen über das Mittelmeer, die vor unerträglichen Zuständen in ihrer Heimat fliehen. Kiel hält für sie mehrere Unterkünfte vor.
„Die Unterbringung in Zelten ist besonders in der kalten Jahreszeit indiskutabel“, so Stöcken. „Aber die 500 Plätze, die es im Speckenbeker Weg hätte geben können, die fehlen wirklich.“ Entsprechend geht die Suche nach geeigneten Standorten und Immobilien weiter und wird sicherlich noch weitere Ortsbeiratssitzungen beschäftigen.
Aus ‚Strucksdiek‘ soll ‚Gedenkort am Russee‘ werden
Im Juni 1944 errichteten die Nazis am Nordostufer des Vorderen Russees ein riesiges Haftlager. ‚Arbeitserziehungslager Nordmark‘ war der beschönigende Name in Nazi-Sprache. Und so wird diese Anlage auch heute noch von manchen Kielern unkritisch bezeichnet. Doch hier ging es nicht um Erziehung, sondern um Demütigung von Menschen, die hier unter erbärmlichen Bedingungen inhaftiert waren. Tausende Menschen waren hier eingesperrt, rund 600 von ihnen wurden von den Nazis ermordet.
Zweieinhalb Jahrzehnte hat es gedauert, bis 1971 der erste bescheidene Gedenkstein auf diesen unsäglichen Ort hinwies. Erst seit 2003 gibt es die Gedenkstätte in der heutigen Form, die aber nach mutwilliger Beschädigung schon wieder sanierungsbedürftig ist.
Die Bushaltestelle an diesem Platz heißt ‚Strucksdiek‘. Wem der Name bisher schwer über die Zunge ging, der kann aufatmen: Die Ortsbeiräte beschlossen einstimmig ihre Forderung, dass die Haltestelle in ‚Gedenkort am Russee‘ umbenannt werde.
Hof Hammer – so ist der Stand
Auf dem Gebiet des ehemaligen Bauernhofs Hof Hammer entsteht derzeit ein inklusives Wohnprojekt. Als die ursprünglichen Gebäude auf dem Gelände abgerissen wurden, blieben das Herrenhaus und die alte Kate erhalten. Sie werden zuletzt fertiggestellt, da sie noch aufwendig energetisch ertüchtigt werden müssen. Das Jugendamt unterhält am Waldrand noch einige Häuser, die weiterhin für die Jugendarbeit genutzt werden.
Was die Neubauten betrifft, so sind die letzten Reihenhäuser im Bau. Mit Fertigstellung wird im Frühjahr 2024 gerechnet. Die neue Zufahrtstraße ist fertig. Die Einfahrt vom Speckenbeker Weg soll künftig für den Autoverkehr gesperrt werden. Insgesamt, so Gerd Goldammer vom Investor Demandt-Gruppe, sei man gut im Plan.
Die Nutzung der alten Kate macht allerdings Sorgen. Außer drei Wohnungen soll es einen Versammlungsraum und einen Bürobereich mit Küche geben. Hierfür hat die Stiftung Drachensee Interesse bekundet. Jedoch verfügt die Stiftung nicht über die erforderlichen Finanzmittel. Und auch sonst hat sich bisher niemand bereitgefunden, die Kosten zu übernehmen.
Statt Sitzung: Kekse knabbern
Im Dezember führt der Ortsbeirat Hassee / Vieburg keine formelle Sitzung durch, sondern lädt die Bürgerinnen und Bürger zum entspannten Nachbarschaftsgespräch mit Keksen und Getränken ein. Dieses Treffen findet im Rahmen des ‚Lebendigen Adventskalenders‘ am Mittwoch, dem 20. Dezember, ab 18 Uhr in der Anlaufstelle Nachbarschaft (Hamburger Chaussee 75) statt. Der Ortsbeirat freut sich auf Ihr Kommen. JM