Bundeswettbewerb „Nachhaltige Siedlung“: Jury nimmt Hammer unter die Lupe
Am 27. Mai 2024 traf sich die Jury des 28. Bundeswettbewerbs des Verbandes Wohneigentum in Hammer. Der Kieler Ortsteil hatte sich als nachhaltige und zukunftsfähige Siedlung beworben und ging nach erfolgreicher Vorrunde als schleswig-holsteinischer Vertreter auf Bundesebene an den Start.
Unter dem Motto „Wohneigentum – für Generationen handeln. Resiliente Siedlungen – sozial und ökologisch“ präsentierten sich alle zwölf Finalisten einem fünfköpfigen Expertenteam. In der Landeshauptstadt Kiel ging es auf dem Fahrrad auf Entdeckungstour.
Insgesamt vier Bewertungs-Schwerpunkte wurden genau unter die Lupe genommen: energieeffizientes Bauen, Barrierefreiheit, Ökologie und soziale Aspekte wie die Pflege aktiver Nachbarschaften.
Die Radtour durch Hammer führte mit Zwischenstopps an einigen Häusern einmal durch die Siedlung, um einen Gesamteindruck zu vermitteln.
Thorsten Schmidt-Köhler, der 1990 eines der Häuser in Hammer erworben hat, berichtete von seinen Erfahrungen: „Es kommt darauf an, Mut zu haben und aktiv zu werden. Mit Ideen und Konzepten kann man auch ohne große Mittel viel bewegen.“ Seine Immobilie war 50 Jahre lang nicht wirklich renoviert worden und dementsprechend verrottet. Beim Umbau, den er nachhaltig gestaltete, stand ihm die Nachbarschaft tatkräftig zur Seite. So wurden alte Dachziegel und -latten abgetragen und als Baumaterial für den Bau von Nebengebäuden wiederverwendet. „Einen Kran und schweres Gerät haben wir nicht gebraucht“, erinnerte sich Schmidt-Köhler. „Acht bis zehn unserer Nachbarn sind an einem Nachmittag vorbeigekommen und haben mir geholfen.“ Um dem Stil des Hauses treu zu bleiben, wurde viel beibehalten und gegebenenfalls umfunktioniert. Der ehemalige Hühnerstall wurde zum Hochbeet, der Auslauf zum Gemüsegarten. In der Einfahrt wurden Natursteine verwendet, die dem Stil der 30er-Jahre entsprechen.
Auch Heiner Suikat lebt in Hammer naturnah: „Die Siedlung ist in der Weimarer Republik aus der Not heraus entstanden. Die Menschen brauchten ein praktisches, bezahlbares Haus, in dem sie sich auf Selbstversorgung konzentrieren konnten. In der Vergangenheit waren viele der Häuser zum Teil auf die Selbstversorgung ausgerichtet.“ Er ist Hobby-Imker und züchtet seine eigenen Hühner, die er selbst verwertet und weiterverkauft.
Der alte Stall an seinem Haus gleicht einer Hobbywerkstatt. „Hier wird viel gebastelt und repariert. Ich versuche so viel wie möglich selbst zu machen und meine Ressourcen so gut wie möglich zu nutzen, um sie so lange wie möglich zu erhalten“, so Suikat, der wie Schmidt-Köhler die Unterstützung und den Zusammenhalt in der Siedlung genießt. „Als ich anfing, die Ringfundamente auszuheben, kamen sofort die Nachbarn und halfen mir. Meine Nachbarn und ich, wir verstehen uns sehr gut. Wir haben eine Gentleman-Vereinbarung, nach der die Grundstücksgrenzen hinter dem Haus offen sind und wir den gesamten Garten nutzen können.“
Familie Zimmermann erzählte als Energiesparer von ihren Erfahrungen. Durch effiziente Sanierungsmaßnahmen konnte sie den Energiebedarf ihres Hauses um 93 % senken: von 300 kWh/m2 auf 22 kWh/m2 pro Jahr. „Als wir das Haus aus den 1920er-Jahren übernommen haben, war es so energieeffizient wie eine Plastiktüte“, sagte Peter Zimmermann. Das Haus wurde gedämmt, die Böden wurden isoliert und die Fenster und Türen erneuert. Eine Fußbodenheizung, ein wasserführender Pelletkessel, ein Gasbrennwertkessel als Backup sowie eine Solarthermie-Anlage auf dem Dach sorgen für eine effiziente Beheizung. „Von März bis Oktober können wir unser ganzes Haus, vom Warmwasser bis zur Heizung, mit unserem Solarwärmespeicher regeln“, schilderte Peter Zimmermann, der bereits das nächste Projekt im Hinterkopf hat. „Auf fossile Primärenergie können wir jetzt fast vollständig verzichten. Zukünftig möchten wir unseren Pelletkessel durch eine Luftwärmepumpe ersetzen.“
An der Uwe-Jens-Lornsen-Schule endete die Rundfahrt, wo Frank Eisold im Vereinsheim des SV Hammer zum Abschluss ein neues Energiekonzept präsentierte, das die Projektgruppe gemeinsam mit einem Ingenieurbüro erarbeitet hat. Konkret geht es um die Nutzung von Nahwärme, Energie- und Wärmepumpen in Kombination mit der richtigen Dämmung von Gebäuden. Ein weiterer Teil des Konzeptes ist die Frage altersgerechten Wohnens gekoppelt mit Mobilität und Selbsthilfe im Quartier. „Unser Ziel ist es, anhand bestimmter Gebäudetypen energetische Mus-terkonzepte zu entwickeln. Das ist natürlich nicht eins zu eins auf jedes Gebäude übertragbar, aber es macht es einfacher, Energiekonzepte zu isolieren“, sagte Eisold.
In Hammer sollen nun detaillierte Untersuchungen im Hinblick auf Energieeffizienz durchgeführt werden. „Fernwärme ist nicht die Lösung für die Zukunft. Nahwärmekonzepte mit dezentralen Lösungen weisen den Weg in eine energieeffiziente Zukunft. Wir werden weiterhin Infoabende veranstalten, um das Thema weiterhin am Köcheln zu halten.“
Das Ergebnis des Bundeswettbewerbs wird am 1. November 2024 verkündet. Bis dahin heißt es abwarten und Daumen drücken. JB