Wie hat sich das produzierende Gewerbe in Kiel von der Nachkriegszeit bis in das erste Jahrzehnt des neuen Jahrtausends entwickelt?
Diese Frage steht im Mittelpunkt der neuen Sonderausstellung „Made in Kiel“ des Kieler Stadt- und Schifffahrtsmuseums. Zu sehen ist sie bis zum 3. April 2022 im Stadtmuseum Warleberger Hof, Dänische Straße 19. Der Eintritt ist frei.
In der Ausstellung präsentiert das Museum seine industriehistorische Sammlung mit ausgewählten Exponaten. Gezeigt werden Sachdokumente zu Kieler Firmengeschichten, ergänzt um ausgewählte historische Fotos. Zusätzlich bietet sie Stationen, die zum Mitmachen einladen.
Die Bandbreite der ausgewählten Kieler Firmen reicht von kleineren Manufakturen bis zu großen, bekannten und teils noch heute in Kiel ansässigen Industriebetrieben wie Elac, Hagenuk und den Kieler Werften. Auf diese Weise wird die Vielfalt des produzierenden Gewerbes in der Stadt gezeigt.
Vom Neuanfang zum Wirtschaftswunder
Beginnend mit dem Aufbau der Friedensindustrie, die den wirtschaftlichen Neuanfang Kiels nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 markiert, wird im ersten Ausstellungsraum der Blick darauf gerichtet, wie sich die Kieler Industrie in den Nachkriegsjahren in ihren Betätigungsfeldern umstellte.
Das Potsdamer Abkommen der Siegermächte vom 2. August 1945 sah nicht nur ein Verbot des Schiffbaus, sondern auch die Demontage der Werften vor. Kiel musste sich wirtschaftlich von der einseitigen Ausrichtung auf den Schiffbau auf eine Massengüterindustrie umstellen. Hiervon hing auch das wirtschaftliche Überleben der Stadt ab.
Im zweiten Raum wird die Wirtschaftswunderzeit der 1950er- und 1960er-Jahre am Beispiel von zwei Branchen in den Fokus gerückt: der in diesem Zeitraum wichtigen Lebensmittelbranche und der wiederauflebenden Werftindustrie mit ihrer Zuliefererbranche, der Feinmechanik.
Lebensmittel spielten eine zentrale Rolle in den Wirtschaftswunderjahren. Ging es zunächst noch darum, Grundnahrungsmittel in ausreichenden Mengen herzustellen, änderte sich dies im Lauf der 1950er-Jahre. Lebensmittel wurden günstiger, das Lohnniveau stieg und es kam zu Nachholeffekten nach den kriegsbedingten Jahren des Mangels: Die „Fresswelle“ begann.
Ein Nahrungsmittel, das für diese Zeit prägend war und das in Kiel auf industrielle Weise verarbeitet wurde, war Fisch. Große Firmen der Branche waren Nordland bzw. Holdorf & Richter, ansässig in Kiel-Hassee.
Mit der Wiederaufnahme der Werftindustrie erlebte auch die feinmechanische Industrie in Kiel einen Umbauprozess: Mussten sich Firmen wie Elac, die bereits vor dem Zweiten Weltkrieg nautische Instrumente entwickelt und hergestellt hatten, zunächst andere Betätigungsfelder suchen, konnten sie nun in das gewohnte Geschäftsfeld zurückkehren. Bei Elac blieb eine Sparte, die in der Nachkriegszeit aufgebaut wurde, auch für die nächsten Jahrzehnte erfolgreich: Seit 1948 stellte man Unterhaltungselektronik her, insbesondere Schallplattenspieler, und wurde damit international konkurrenzfähig. Bis vor wenigen Jahren befand sich das Elac-Werk in der Rendsburger Landstraße.
Foto: ©Friedrich Magnussen