Hasseer Ratsherr Jürgen Meereis weist auf Fakten zur Wärmewende hin
Im Moment wird überall intensiv über die Wärmewende diskutiert, teilweise auch mit populistischen Forderungen wie der, dass jedes Haus in Kiel, dessen Eigentümer das will, an die Fernwärme angeschlossen werden müsse.
„Wir haben daher mal die ganzen Fragen zur Fernwärme und Wärmewende, die bisher auf Veranstaltungen und in Gesprächen bei uns gelandet sind, zusammengetragen und versucht, darauf möglichst sachliche und neutrale Antworten zu geben“, so der Hasseer Ratsherr Jürgen Meereis.
Was ist Fernwärme, was Nahwärme?
‚Nahwärme‘ oder ‚Fernwärme‘ bedeutet, dass nicht jedes Haus seine eigene dezentrale Wärmeerzeugung hat (Erdgaskessel, Ölbrenner, Wärmepumpe etc.), sondern dass Wärme in einer Heizzentrale erzeugt wird. Von dort aus wird die Wärme in Form von heißem Wasser durch gut isolierte Rohre (Wärmeleitungen) zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern transportiert. In den einzelnen Häusern befindet sich dann noch ein relativ kleiner Wärmetauscher (Hausübergabestation), über den die Wärme an die hauseigenen Leitungen übergeben wird. Die Wärme kann sowohl zur Beheizung der Häuser als auch zur Erwärmung des Trinkwassers genutzt werden.
Welche Vorteile bietet Fernwärme?
Fernwärme bietet eine Reihe qualitativer Vorteile:
Die Nutzerinnen und Nutzer haben keine Verantwortung mehr für Wartung, Reparaturen, Schornsteinfeger und zu gegebener Zeit die Auswahl und Beschaffung einer neuen Anlage.
Sie ersparen sich, wenn Ihre bisherige Heizung nicht mehr repariert werden kann, die Investition in eine neue. Stattdessen zahlen Sie lediglich den Hausanschluss an das Wärmenetz, was in der Regel deutlich geringere Kosten verursacht. Für diesen Anschluss gibt es eine Förderung von bis zu 40 %.
Ein Wärmenetz verfügt in der Regel über mehrere Wärmequellen. Dies schafft Flexibilität. Fällt eine Anlage aus, können die anderen mit einspringen. Steigen bei einer Wärmequelle die Preise, können vorrangig andere eingesetzt werden. Wenn neue Technologien verfügbar sind oder Märkte sich ändern, kann in der Heizzentrale einfacher eine Technologie ergänzt oder ersetzt werden, als wenn Tausende von Hauseigentümer*innen ihre Anlage wechseln müssten.
Aus der Nutzung erneuerbarer Energieträger ergibt sich eine hohe Preisstabilität, denn die Erde, die Förde und die Sonne schicken keine Rechnung und erhöhen nicht ihre Preise.
Der Platzbedarf in Ihrem Haus für die Hausübergabestation, die die Wärme dem Fernwärmenetz entnimmt, ist geringer als der von Heizkesseln. Im Vergleich zu Öl- oder Pelletheizungen müssen Sie keinen Brennstoff lagern.
Wenn das Wärmenetz nicht importierte fossile Energieträger, sondern erneuerbare Energien aus der Region nutzt, wie z. B. Tiefengeothermie oder Umgebungswärme aus der Förde, bleiben größere Teile der Wertschöpfung in der Region.
Sie zahlen nur die Wärme, die Sie im Haus verbrauchen. Bei einer eigenen Heizungsanlage gehen auch die Anlagenverluste zu Ihren Lasten.
Vor allem aber erfüllen Sie mit dem Anschluss an ein Wärmenetz sämtliche Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes – die Verantwortung für die Erreichung der Klimaneutralität liegt dann beim Betreiber des Wärmenetzes (also z. B. den Stadtwerken).
Ist es sinnvoll, überall Fernwärme anzubieten?
Die Verlegung von Fern- und Nahwärmenetzen ist mit Investitionen in die Heizzentrale, in der die Wärme gewonnen wird, und vor allem in die Verlegung der Wärmeleitungen verbunden. Im laufenden Betrieb laufen auch bei guter Isolierung Wärmeverluste auf, die prozentual besonders hoch sind, wenn nur wenig Wärme durch die Rohre transportiert wird. Daher ist Fernwärme nur dort sinnvoll, wo sich genügend Personen an die Wärmenetze anschließen lassen und so eine ausreichend hohe „Wärmeabnahmedichte“ erreicht wird.
In Außenbereichen, wo die Häuser weiter voneinander entfernt sind und /oder einen geringen Wärmebedarf haben, kann es daher sein, dass der Bau eines Wärmenetzes wirtschaftlich und ökologisch nicht sinnvoll ist.
In welchen Stadtteilen wird es Wärmenetze geben?
Die Stadtwerke Kiel haben in der Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Klima und Mobilität der Stadt Kiel am 7. November 2023 ihre Überlegungen zum Ausbau der Fernwärmeversorgung in Kiel dargestellt. Diese enthielten jedoch noch keine verlässlichen Aussagen zu geplanten Ausbaubereichen, da die Stadtwerke nach Aussage ihrer Vorstände ihre Berechnungen noch nicht abgeschlossen haben.
Unabhängig von den Stadtwerken erstellt die Stadt Kiel bis spätestens Ende 2024 eine kommunale Wärmeplanung (KWP), in der sie untersuchen lässt, wo der Ausbau von Fernwärme wirtschaftlich vertretbar und ökologisch sinnvoll ist. Diese KWP wird im Auftrag der Stadt von einem neutralen Fachbüro erstellt.
Kommt ein Ausbau durch die Stadtwerke in Gebieten, in denen die KWP ihn vorsieht, nicht infrage, sind u. a. die Gründung lokaler Wärmegenossenschaften, Aktivitäten überregional tätiger professioneller Anbieter oder die Gründung einer städtischen Wärmegesellschaft denkbar, die jeweils lokale Nahwärmenetze aufbauen können.
Wie schnell kommt Fernwärme nach Kiel?
Die konkrete Planung und der Ausbau von Wärmenetzen kann viele Jahre dauern. Alleine die Verfügbarkeit von bauausführenden Firmen ist ein begrenzender Faktor. Konkretere Aussagen dürften nach Abschluss der kommunalen Wärmeplanung vorliegen.
Was können Sie tun, um angeschlossen zu werden?
Die Chancen auf einen Anschluss an ein Wärmenetz sind dann am höchsten, wenn auch möglichst viele andere Hauseigentümer*innen in Ihrem Quartier einen Anschluss wünschen, sodass eine hohe Wärmeabnahmedichte zustande kommt. Wenn die Stadtwerke Sie allein nicht an das Wärmenetz anschließen wollen, suchen Sie Kontakt zur Nachbarschaft und versuchen Sie, möglichst viele gemeinsame Interessenbekundungen zu sammeln.
Mit diesen Bekundungen können Sie auf die Stadtwerke zugehen. Zudem sollten Sie das Klimaschutz-Team der Stadt über Ihre Initiative unterrichten, sodass Sie ggf. bei den städtischen Planungen berücksichtigt werden können.
Sollten die Stadtwerke auch nach den Ergebnissen der kommunalen Wärmeplanung nicht bereit sein, Sie an das Wärmenetz anzuschließen, die kommunale Wärmeplanung aber ein Wärmenetz vorsehen, klären Sie bitte mit dem Klimaschutz-Team der Stadt, inwiefern es Unterstützung bei der Suche nach einem anderen Betreiber bzw. bei der Gründung einer Bürgerenergiegenossenschaft geben kann.
Mehr dazu unter www.gruene-kiel.de/faq-zur-waermewende/.