Die Villa in der Rendsburger Landstraße 376 in Russee war bestimmt mal ein ansehnliches Anwesen. Doch seit Jahrzehnten verfällt hier alles mehr und mehr.
Der verwitterte Schriftzug „Beratungszentrum und Herberge für arbeitslose Pastoren“ macht neugierig. Doch es gibt mehr Gerüchte als fundierte Informationen über dieses Haus. Olaf Busack vom Geschichtskreis „Rund um den Russee“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Hintergründe zu recherchieren. Herausgefunden hat er bisher, dass die Villa 1911 erbaut wurde und auch welche Betriebe dort bis 1984 tätig gewesen sind. Nachzulesen ist das im Geschichtsjournal Nummer 19.
Jetziger Eigentümer soll Thomas Göbell sein. Um seine Person ranken sich viele abstruse Geschichten. Da Busack mehr erfahren wollte, startete er einen Aufruf. Und er hatte Erfolg. Ein Bewohner gewährte ihm Einlass in dieses Gemäuer, das vom Ordnungsamt als einsturzgefährdet gilt. KIEL LOKAL hat ihn dabei begleitet und gibt hier vorab einen Stimmungsbericht.
Das Gelände ist abgeriegelt. Es ist umzäunt und zur Straße durch große Rolltore verschlossen. Als wir eintreffen, wird das linke Tor zur Seite geschoben. Mir fallen zuerst die Schilder an der Hausecke auf, die vor dem Betreten warnen. Zwei warnen vor Hunden, die es hier tatsächlich gibt. Auf dem dritten Schild steht: „Dieser Bereich wird videoüberwacht“.
Unser Informant möchte weder fotografiert noch namentlich genannt werden. Er bittet auch darum, die Privatsphäre zu achten und nur unbewohnte Räume zu fotografieren. Doch dafür hat er brisante Informationen parat, deutet verschiedenste Betrügereien von Thomas Göbell an und nennt Kontaktpersonen, die Olaf Busack bei seiner Recherche ansprechen kann. Außerdem berichtet uns der Bewohner von den Missständen im Haus. „Im Oktober letzten Jahres ist die Heizung kaputt gegangen“, erzählt er. Ein 30 Jahre alter Brenner, für den es angeblich gar keine Ersatzteile mehr geben soll. Für Wärme in seinem Wohnzimmer sorgt seitdem ein Elektroheizkörper. Einen Heißwasserbereiter hat er sich selbst eingebaut. Sein Glück, dass er handwerklich begabt ist, doch an diesem Gebäude macht er nur noch das Notwendigste. „Ich will hier raus“, betont er. „Ich suche schon lange eine richtige Wohnung.“ Seine Hoffnung wäre, dass sich vielleicht jemand auf diesen Bericht bei ihm meldet. „Eine Ein- bis Zweizimmer-Wohnung würde mir schon reichen. Hauptsache raus hier.“
Um die Mißstände zu unterstreichen, führt er uns durch das heruntergekommene Haus, zumindest durch die Räume, die nicht abgeschlossen sind. Hinter den Türen hortet sein Vermieter angeblich „Sachen, die kein Mensch braucht“, wie z. B. ausrangierte Möbel, verschmutzte Matratzen oder Paletten voll mit hartgewordenem Zement.
Die Treppe zum Dachboden ist vollgestellt mit Gerümpel. Olaf Busack winkt ab, und so werfe ich exklusiv einen Blick in die „Zwergenwohnung“ unterm Walmdach. Hätte ich das mal lieber nicht gemacht. Ein erschreckender Anblick: Löcher in den Wänden, eine zerbrochene Fußbodendiele, Schmutz und überall Marderködel. Der Bewohner öffnet ein Dachflächenfenster und zeigt auf den Schornstein. „Ich habe Angst, dass der beim nächsten Sturm runterfällt“, sagt er. Schnell wieder weg hier.
Auf dem Grundstück hinter dem Haus sieht es auch nicht besser aus. Im Gegenteil, das Hinterhaus sieht so baufällig aus, als würde es jeden Moment einstürzen. Das Dach und die Zwischendecke sind bereits eingefallen, die Mauern werden mit Balken abgestützt.
Während wir uns den Weg durchs Gestrüpp bahnen, erfahre ich, dass es schon Spekulanten gegeben haben soll, die eine Million für das Vorkaufsrecht geboten haben. Später höre ich die Mutmaßung, dass wir dieses Anwesen bald unter den Zwangsversteigerungen finden würden.
Was davon tatsächlich zutrifft, wird Olaf Busack herausfinden müssen. Ich bin mal sehr gespannt auf seine Ergebnisse, die in einem der nächsten Geschichtsjournale abgedruckt weden. CF